Mit dem Schiff nach Grönland
2016 - Eine Kreuzfahrt mit der MS ASTOR
Mit Uummannaq (deutsch: der Robbenherz-Förmige) wird nicht nur der markante 1200 Meter hohe Berg genannt, der den Ort optisch dominiert, sondern auch der Ort selbst, mit seinen etwa 1300 Einwohnern. Wie so oft hier in Grönland liegt auch Uummannaq am Ende eines Fjords.
Mit Uummannaq hatten wir den nördlichsten Punkt unserer Reise erreicht - ca. 70° nördlicher Breite, also gut 3° über dem Polarkreis (66° 33′ 55″≈ 66,57°). Nach dem Ablegen kam der Gedanke, dass man sich jetzt praktisch schon wieder auf dem Rückweg nach Hause befindet. Aber dadurch, dass diesmal kein Nebel aufkam, konnte man die vernebelte Hinfahrt durch den Fjord von Uummannaq nachholen.
In der Nacht werden wir durch ein Geräusch an unserer Kabinentüre wach. Es wurde ein Briefumschlag unter der Tür durchgeschoben, den wir, neugierig wie wir sind, auch gleich geöffnet haben und das inliegende Schreiben lasen. Man teilte uns mit, das wir aus technischen Gründen vom gebuchten Ausflug “Bootsfahrt zwischen den Eisbergen“ um 10:00 vormittags gestrichen worden sind und stattdessen auf einen gleichen Ausflug, allerdings um 15:30 nachmittags verschoben wurden.
Da der 10 Uhr Ausflug nach wie stattfinden sollte, versuchten wir am Morgen zu klären, warum ausgerechnet wir zur Verschiebemasse wurden. Schließlich hatten wir uns bei der frühen Buchung des Ausflugs (bereits vor Beginn der eigentlichen Reise) und der Wahl für den Vormittag etwas gedacht - morgens Ausflug, nachmittags in Ruhe ohne Zeitdruck durch die Stadt traben, denn das Schiff legte ja einen sogenannten Overnightstopp ein. Die Anzahl und Größe der für die Ausflüge angeforderten grönländischen Boote hätte sich geändert. Gäste, die vormittags und nachmittags verschiedene Ausflüge gebucht hatten, hätte man nicht umgebucht, sondern nur die anderen. Unser Verdacht, dass bei der Auswahl wer zwangsumgebucht wurde und wer nicht, auch die Kategorie der Kabine eine entscheidende Rolle gespielt hat, wurde vehement bestritten. Uns bleiben Zweifel. Jedenfalls tenderten wir deshalb gegen 10:00 Uhr an Land. Wir brauchten hierfür auch keine Tendertickets mehr, die seit 6:00 Uhr ausgegeben wurden, denn bereits ab halb zehn fand das “freie Tendern“ statt. Die Tenderstation lag sehr ungünstig (da konnte aber die ASTOR nichts dafür), denn man musste auf einer steilen Straße das gesamte Hafenbecken umrunden, um ins Zentrum der Stadt zu kommen. Wir bewunderten einen Alten Herrn, der mit seinem Rollator und seinen 93 Jahren den schwerlichen Weg meisterte. Der Senior feierte auf der Grönlandkreuzfahrt der Astor in 2013 seinen 90. Geburtstag, eine Reise wo wir auch dabei waren; deshalb kannten wir sein Alter. Ilulissat ist mit 4.500 Einwohnern die drittgrößte Stadt Grönlands. Wir erreichten die Stadtmitte nach einer guten halbe Stunde Fußmarsch. In einem Café konnten wir uns für umgerechnet ca. 5 € eine ½-stündige Internetverbindung kaufen. Allerdings war die Verbindung technisch nicht in der Lage, Bilder auf den Server zu laden, auf dem sich mein Blog befindet, sodass eine Aktualisierung desselben nicht möglich war.
Für den Nachmittag war ja jetzt die Bootsfahrt vorgesehen. Vier Boote holten die Ausflügler direkt an der ASTOR ab, sodass das lästige tendern entfallen konnte. Wir bestiegen Boot Nummer vier, was den Vorteil hatte, dass wir statt der maximal möglichen 12 Passagiere nur zu Acht waren. Manchmal hat so ein “Lumpensammler“ eben auch mal Vorteile. Obwohl wir diese Bootsfahrt auch schon bei früheren Grönlandreisen mitgemacht hatten, blieb uns auch diesmal wieder die Spucke weg. “Vergiss alles, was Du auf der bisherigen Reise an Eisbergen gesehen hast“ könnte die Parole heißen. Schöner, gigantischer und kolossaler lautete das Motto.
Die Eisberge stammen von einem Gletscher, der sich am Ende des 40 Kilometer langen Ilulissat-Eisfjord befindet. Von dort treiben sie in die Diskobucht, wo auch Ilulissat liegt. Die dicksten Kaventsmänner laufen dort gerne auf Grund, bilden so eine Eisbarriere und die nachfolgenden Eisberge türmen sich nach und nach zu einem Eisgebirge auf. Manchmal ist die Bucht total versperrt, sodass ein Kreuzfahrtschiff nicht mal zu einem Redeplatz gelangen kann.
Das war zum Glück heute nicht der Fall. Wenn sich die Eisberge dann nach und nach aus der “Gefangenschaft“ befreien, treiben sie über den Atlantik Richtung Kanada. Nur noch nebenbei möchte ich erwähnen, dass das Wetter natürlich wieder klar und sonnig war, in der Ferne zwei Wale auftauchten und die zwei Stunden auf dem Ausflugsboot wie im Flug vergingen.
Hierbei kamen auch die neuen Handschuhe aus Island zum Einsatz.
Gut, dass wir eine Innenkabine hatten, denn in diesen Breiten wird es im Sommer ja gar nicht richtig dunkel.
Heute lief alles glatt. Wir hatten für den Vormittag den Ausflug „Wanderung zum Eisfjord“ gebucht. Dazu sollte man spätestens mit dem 11-Uhr Tender (freies Tendern!) an Land kommen, wo wir von Bussen abgeholt werden, die uns zum Ausgangspunkt der kleinen Wanderung bringen.
Vorsichtshalber nahmen wir den 11:30-Uhr-Tender und stromerten noch ein wenig im Hafen herum und drückten unsere Nasen an den Fenstern der Fischfabrik “Halibut“ platt. Der grönländische Heilbutt, ist eine Delikatesse, wie uns der “local guide“ gestern auf der Bootsfahrt erklärte, und wird hier frisch gefangen und in alle Welt exportiert.
Wenn man nun meint, der Küchenchef der ASTOR geht mit dem Praktikanten auf den heimischen Fischmarkt, um dort nach dem Motto “regional und saisonal“ frischen Fisch, also z.B. Heilbutt für das Abendessen der Passagiere einzukaufen, den muss ich enttäuschen, denn so etwas gehört in den Bereich Märchen und Sagen und kommt höchstens in der Fernsehserie “Verrückt nach Meer“ vor und selbst da ist es ein Fake, wie wir aus eigener Anschauung wissen.
Im Hintergrund wird der Eisfjord schon sichtbar
(Trick: Die Aufnahme entstand auf dem ruhigeren Rückweg)
Drei klapprige Kleinbusse holten die Wandervögel der ASTOR wie geplant ab und fuhren uns durch die Stadt, an deren Ende ein hölzerner Pfad begann, der zum Ausgang des gestern erwähnten Eisfjords führt. Der Pfad war schmal und es herrschte dort reger Publikumsverkehr, denn heute früh ist noch ein weiteres Kreuzfahrtschiff eingelaufen, die MS OCEAN MAJESTY, deren Passagiere ebenfalls reichlich das Wanderangebot angenommen hatten. Die OCEAN MAJESTY fährt übrigens für den Kreuzfahrt-Reiseveranstalter Hansa Touristik aus Offenbach, womit wohl bewiesen wäre, dass die Offenbacher eine anerkannte Seefahrernation sind.
Wie gesagt, es herrschte reger Verkehr auf dem Pfad, von hinten wurden wir überholt, von vorne kamen uns andere Gruppen entgegen und wenn jemand stehen blieb, um zu fotografieren, gab es immer wieder Auffahrunfälle. Innerhalb dieses Gewusels erklärte uns auf Englisch die örtliche Führerin, dass dieses Gelände, wo wir uns gerade befinden und der gesamte Eisfjord zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt wurde und die aufgeschichteten Steinhügelchen diesbezügliche Markierungen darstellen würden. Das ganze wurde von einer ASTOR Reisebegleiterin übersetzt und man kann sich vorstellen, dass viele der Erklärungen bei uns akustisch nie angekommen sind. Aber man kann ja alles bei Wikipedia nachlesen.
Als der Eisfjord in Sicht kam, hatte das einen ähnlichen Wow-Effekt, wie die Bootsfahrt gestern. Deshalb versuche ich einfach, ein paar Bilder sprechen zu lassen.
Der Rückweg zur “Bushaltestelle“ war angenehmer als der Hinweg, da man nicht mehr in der Gruppe laufen musste. Am Sammelpunkt für den Rücktransfer setzten wir uns auf eine Bank, die sich auf einer felsigen Erhebung befand und ließen den Bus ohne uns abfahren. Plötzlich herrschte himmlische Ruhe, das touristische Gesummse war mit einem Mal verstummt.
Zu Fuß machten wir uns auf den Rückweg zum Hafen, vorbei am großflächigen Areal, in dem die Schlittenhunde gehalten wurden. Fing irgendwo einer der Hunde an zu jaulen, stimmten überall die “Kollegen“ in das Geheul ein, ein Chor von vielleicht 50 Tieren oder sogar mehr.
Am Hafen an der Tenderstation, erhielten wir gegen einen entsprechenden Gutschein ein Lunchpaket. Auch ohne unseren freiwilligen Fußmarsch hätte man durch die festgelegten Zeiten unseres Ausflugs auf jeden Fall das Mittagessen auf dem Schiff verpasst. Ein schöner Zug des Reiseveranstalters. Wir fuhren mit dem Tender zurück zum Schiff und genossen gegen 16:00 Uhr unserer Lunchpaket auf dem Außendeck. Zum ersten Mal seit Beginn der Reise gab es endlich mal paniertes Schnitzel, wenn auch kalt, was bei Lunchpaketen in der Natur der Sache liegt. Jedenfalls betrachteten wir das Schnitzelgeschenk als zweite touristische Sensation, gleich nach dem grandiosen Eisfjord.
Um 18:00 Uhr, wir saßen immer noch auf dem Außendeck, die Sonne schien angenehm und das Schiff lichtete den Anker. Wir verließen die Diskobucht, die riesigen Eisberge am Ausgang des Fjords wurden am Horizont immer kleiner, dafür kreuzten immer wieder Andere unseren Kurs.
Ilulissat war mit Sicherheit der Höhepunkt der Reise. Es kann durchaus sein, dass wir hier nicht zum letzten Mal waren und wir in den nächsten Jahren noch einmal wiederkommen werden.
Wappen von Sisimiut
Nach den allmorgendlichen Verpflichtungen wie Aufstehen, Waschen, Frühstücken und Fertigmachen für den Landgang verlassen wir gegen 10 Uhr über die Gangway das Schiff. Der Ort selbst bietet außer einem kleinen Museumsdorf und der Kirche keine besonderen Attraktionen.
Als wir gegen 16:00 Uhr ablegen verdichtet sich der Nebel wieder mal zu einer dicken Suppe. Aber, wie immer, wenn es darauf ankommt, verschwindet er gegen 21:30 Uhr wieder, denn da fahren wir den Søndre Strømfjord ein, ein 170 Kilometer langer Fjord an dessen Ende unser morgiges Ziel, Kangerlussuaq, liegt.
Der Fjord ist, wie es sich für grönländische Fjorde gehört, imposant. Ähnlich wie der Prinz Christian Sund, aber doch auch wieder ganz anders.
Es ist wieder einmal dieser Luxus, im Captain’s Club sein Feierabend Bier zu trinken und durch die Panoramafenster zu schauen und dabei die großartige Natur an sich vorbeiziehen zu lassen.
Am Morgen hat das Schiff das Ende des Fjords erreicht. Eine richtige Ortschaft gibt es hier nicht. Lediglich die Anlegestelle für den Tender und ganz vereinzelt und weitläufig verstreut eine Handvoll der typischen bunten Holzhäuser.
Wir hatten einen Ausflug zum Russel Gletscher gebucht. Am Anleger erwarteten uns 3 kleine Busse, die uns zu dem 25 Kilometer entfernten Gletscher bringen sollen.
Wir fuhren zunächst auf einer geteerten Straße bis Kangerlussuaq. Hier befindet sich der Internationale Flughafen von Grönland. Er wurde von den Amerikanern gebaut und bis 1951 genutzt, unter anderem zur Durchbrechung der Berlin-Blockade (Rosinenbomber).
Hier am Flughafen ist eigentlich die Welt zu Ende, aber Volkswagen hat eine Schotterpiste bis zum Inlandeis gebaut, um dort geschützt vor Industriespionage die Autos testen zu können. So bekam mit 35 Kilometer Grönland seine längste Straße und wir die Gelegenheit bis zum Inlandeis vorzudringen. Leider stand aus Zeitgründen bei dem heutigen Ausflug das Inlandeis gar nicht auf dem Programm.
Auf unserer Grönlandreise 2013 (siehe hoe2013a.wordpress.com ) waren wir noch dort gewesen und es war ein erhebendes Gefühl auf einer Eisfläche zu stehen, die sich 600 Kilometer breit bis zur Ostküste erstreckt und noch um einiges länger in Richtung Norden und Süden verläuft. Der Russel Gletscher war damals nur ein “Nebenprodukt“ des Ausflugs und die wichtigste Eigenschaft des Gletschers war gewesen, dass an dessen Fuß sich einige Dixie-Klohäuschen befanden.
Die Klohäuschen jedoch waren noch dieselben;
Dafür gab es auf Fahrt im Tender zurück zum Schiff den “Spruch des Tages“. Die zu verbleinende Restlaufzeit der Mittagsessenausgabe begann nämlich bedrohlich zu schrumpfen. Jedoch eine Frau erklärte im herrlichsten schwäbisch: „Sie glaubet garnet, was man in fünf Minuten alles esse koa!“
Am Nachmittag lichtete das Schiff den Anker und was man in der Nacht an Fjord-Panorama verpasst hatte, konnte jetzt in Ruhe bis spät am Abend nachgeholt werden.
Nuuk (deutsch „Kap“), auch Godthåb [ˈgɔdhoːʔb] (deutsch „Gute Hoffnung“), ist die Hauptstadt und zugleich mit 16.181 Einwohnern größte Siedlung Grönlands - allerdings auch die untypischste. Hier gibt es 10-stöckige Betonwohnblocks, eine Universität, ein modernes Shopping-Center, ein Multiplex Kino, Verwaltungs- Bürogebäude etc.
Allerdings sah man Schiff aus von allem absolut nichts. Wir lagen zwar auf Reede und der Nebel war so dicht, dass man die Hand vor Augen nicht sah. So konnte man auch nicht sehen, ob wir im alten Kolonialhafen lagen oder im neuen Hafen. Ersterer liegt zentral, der neue Hafen etwas außerhalb. Die geniale Landgangsinformation des Concierges schwieg sich über solche triviale Details natürlich wiedermal aus. Eine Nachfrage unsererseits an der Rezeption beim ergab, dass wir im Kolonialhafen lagen.
Heute steuerten wir unseren letzten grönländischen Hafen an. Die Liegezeit war für den Nachmittag 14:00 - 20:00 Uhr vorgesehen, also doch ordentlich lange.
Die Ausgabe der Tendertickets (ab 8:00 Uhr) wollte ich mir heute doch mal genauer anschauen, Gleich nach dem Aufstehen ging es (ungewaschen) Richtung Rezeption und tatsächlich stand dort schon eine lange Schlange.
Gleich hinter dem Ort lockte ein Felsmassiv wieder mal zu einer kleinen Kletterpartie, wobei der Leser jetzt nicht in ehrfürchtigem Erstaunen erstarren sollte, denn das Massivs entsprach etwa einem bergsteigerischen Schwierigkeitsgrad der Stufe “0“.
Auf dem Rückweg kamen wir an einem Café vorbei, aus dem Livemusik tönte. Also nichts wie rein. Doris wählte eine grünes und ich ein rotes Flaschengetränk, welches sich als eine Art Brause entpuppte, die genau so bunt schmeckte, wie sie sie aussah.
Die Musik war richtig gut, ein Duo, jeder der beiden Musiker mit einer E-Gitarre ausgerüstet, spielte zunächst Popmusik mit grönländischen Texten, um dann Popklassikern wie “Wish you were here“ (Pink Floyd) oder “Riders on the storm“ (Doors) recht gekonnt zu interpretieren.
Nach dem Lichten des Ankers fuhr die ASTOR noch den ganzen Abend und die Nacht dicht an der Küste entlang, sodass man noch das Panorama der schroffen Gebirgsmassive genießen konnten. In der Nacht passierten wir Kap Farvel, das ist die Südspitze Grönlands, und mit Kurs Richtung West steuerten wir unser nächstes Ziel, Reykjavík in Island, an, das wir aber erst nach zwei Tagen auf See erreichen würden.
Man hatte uns heute nacht bestohlen!
Eine Stunde hatte man uns geraubt, ich hatte das ja am Anfang der Reise befürchtet.
Sonst gibt es über diesen Seetag nichts zu berichten.
Halt, doch!
Am Abend gab es einen ganz besonderen Festschmaus! Wir hatten nämlich eine Dose hessische Mettwurst (vom Apfelwein-Herberth in Eschborn/Niederhöchstadt) mit auf die Reise genommen und in das heutige Abendmenü integriert.
Hinweis
Beim Hochladen der neuen Blogeinträge, kann es passiert sein, dass ich versehentlich neu angemeldete User, die sich über das an der rechten Seite befindliche Kästchen “ Automatische Benachrichtigung“ registriert hatten, leider wieder rausgekegelt habe. Das war keine böse Absicht und der ungewollte “Rausschmiss“ kann leider nur dadurch rückgängig gemacht werden, wenn man sich noch einmal registriert. Wer also vergeblich auf eine Benachrichtung gewartet hat, ist ein Opfer dieser Panne.
Zwar hatten wir bereits am 26.7.2016 den nördlichen Polarkreis überfahren, aber an diesem Tag konnte die übliche Polartaufe nicht stattfinden, da aber sowohl Polar- als auch Äquatortaufen grundsätzlich an Seetagen stattfinden, wurde diese frohsinnsüberschwappende Veranstaltung auf den heutigen Tag verlegt.
Dieses Ritual ist scheinbar auf allen Schiffen absolut identisch, von den teilnehmenden Figuren (Neptun nebst seinem Gefolge), den vorgetragenen Texten („Ihr Erdengewürm wagt es, in mein reich einzudringen…“) und den freiwilligen Täuflingen, die fröstelnd im Bademantel am Pool stehen, darauf warten dass man Ihnen einen Wodka mit einer Spritze einflößt, eine farbige Pampe ins Haar schmiert und sie dann in den Pool springen dürfen.
Eine Äquatortaufe unterscheidet sich von der Polartaufe lediglich dadurch, dass die Täuflinge nicht so frieren.
Da das Zuschauen bei solch einem Event und das anschließende Mittagessen strengte sehr an und an einem Seetag ist ein Mittagsschlaf durchaus opportun. Allerdings blies dummeweise die Klimaanlage zur hohen Zeit der Mittagsruhe Lösungsmittelgerüche(Terpentin, Farbe, Verdünnung?) in das Schlafgemach. Die Gefahr statt zu schlafen in tiefe Bewusstlosigkeit zu fallen war nicht von der Hand zu weisen. Nach ordentlicher Abgabe des Situationsberichts an der Rezeption mit der Bitte diesen Unsinn künftig zu unterlassen, flüchtete ich in den Fitnessraum und fuhr eine halbe Stunde Fahrrad. Auf dem anschließenden Rückweg zur Kabine stank inzwischen das gesamte Treppenhaus des Schiffes nach dem Lösungsmittel, in der Kabine hingegen konnte man es wieder aushalten.
Merke: Die Summe aller Unzulänglichkeiten auf einem Schiff bleibt immer konstant.
Für einen Mittagsschlaf war es jetzt allerdings schon zu spät.
Um 5:00 Uhr standen wir senkrecht im Bett, denn beim Anlagemanöver der ASTOR in Islands Hauptstadt Reykjavik kamen, wie üblich, Heckstrahlmotoren und die Motorwinden für die Hinteren Festmacher (Taue) zum Einsatz und der Schall dieser Aggregate wurde anscheinend exakt durch unsere Kabine, die sich meht im hinteren Teil des Schiffes befindet geleitet. Nach gut 30 Minuten war der Spuk aber vorbei, wir lagen an der Pier fest, leider nicht zentral im Stadthafen sondern ca. 4-5 Kilometer vom Zentrum entfernt. Aber erst wurde noch mal eine Mütze Schlaf genommen.
Reykjavik hat etwa 121.000 Einwohner, d.h. mehr als ein Drittel der isländischen Bevölkerung(329.000) lebt in der Hauptstadt.
Unser Concierge hat wieder mal ein fantastisches Sammelsurium an Informationen für den Landgang publiziert. So listete er kommentarlos einige Sehenswürdigkeiten auf, unter anderem:
a) Hallgrímskirkja
b) Ásmundarsafn
c) Kjarvalsstaðir
Dass
(a) die moderne Kirche, die zu einem das höchste Gebäude und zum anderen eines der Wahrzeichen der Stadt ist, könnte man gegebenenfalls als Nordlandreisender noch wissen. Dass aber mit
(b) ein Museum über den isländischen Bildhauer Ásmundur Sveinsson bezeichnet wird und sich
(c) als Museum hauptsächlich dem Werk des Malers Jóhannes Sveinsson Kjarval widmet, gehört doch eher in Bereich der 1-Miliion-Frage bei Günther Jauch als zur Allgemeinbildung.
Dieses kleine Beispiel zeigt, wie lieb- und gedankenlos dieses Informationsblatt gemacht wurde.
Die dilettantischen Landgangsinformationen schreckten uns natürlich in keinster Weise vom Landgang ab, sondern wir verließen gegen 10:00 Uhr das Schiff. Gleich an der Pier war ein Souvenirladen, der auch als Touristeninformation diente. Hier bekamen wir einen Stadtplan und 20 Minuten freien Zugang zum Internet. Diese Zeit reichte gerade so, Blogabschnitt Nummer 4 hochzuladen und die Emails zu checken.
Mit dem Taxi fuhren wir in die City, als Preis wurden 2000 Kronen vereinbart, das sind etwa 15 Euro. Bei allen unserer bisherigen Reisen, bei denen grönländische Ziele angelaufen wurden, war auch ein Stopp in Reykjavik dabei. In 2008 auf der Reise “ Kanadische Arktis und Grönland Kreuzfahrt“ mit der ALEXANDER VON HUMBOLDT /ein Phoenix-Schiff) lagen wir hier 4 Tage fest, weil auf der Höhe der Orkneys (Schottland) eine Monsterwelle den Bug eingedrückt hatte und die Reparatur hier in Reykjavik durchgeführt werden musste und so lange gedauert hat. Das bedeutet, dass wir die Stadt und die Umgebung schon sehr gut kennen.
Deshalb brauchten wir hier auch keinen Ausflug mehr buchen (Stadtrundfahrt, Baden in der Blauen Lagune, Geothermalgebiet in Haukadalur mit Geysiren, Jeeptour, Nationalpark Þingvellir).
So standen erstmal nur zwei Anlaufpunkte auf dem Programm.
- der See Tjörnin.am Ráðhús (Rathaus)
- die Hallgrímskirkja (siehe oben Punkt a)
See und Rathaus waren schnell wieder gefunden.
Auf dem Weg zur Kirche Hallgrímskirkja kommt man zwangsläufig in eine Fußgängerzone mit Geschäften und Restaurants, die sich hauptsächlich wegen uns Touristen dort befinden. Touristen konnte man übrigens von den Einheimischen sehr einfach unterscheiden. Es schien zwar wunderbar die Sonne, aber bei Temperaturen um die 15° Celsius blies ein kalter Wind, sodass die Touris in Jacken und Anoraks gehüllt waren, während die Isländer in kurzärmeligen T-Shirts herumliefen.
Neben den kurzbeärmelten Inländern fiel uns auf, dass überall die Farben der Regenbogenfahne zu sehen sind, entweder als Fähnchen selbst, in Schaufenstern oder die Farben aufgetragen auf einer großen langen Treppe mitten in der Stadt. Die Regenbogenfahne ist ja mittlerweile ein Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung und in diesen Tagen fand “ Reykjavik Pride“ statt, ein einwöchiges Festival mit Veranstaltungen und Ausstellungen rund um das Motto “Everyone’s right to live and love“ (Das Recht eines jeden zu leben und lieben) . Der Höhepunkt am Ende des Festivals wird dann die “Pride Parade“ sein, die etwa mit dem Umzug zum Christopher Street Day zu vergleichen ist.
Im Schaufenster einer Kunstgalerie sahen wir ein kleines Glasbild, auf dem Puffins abgebildet waren, das uns sehr gut gefallen hat. Puffins oder auch Papageitaucher genannte, ist ein Vogel mit einem bunten Schnabel und ist praktisch der “Nationalvogel“ von Island, zumindest wenn man vom Angebot der Souvenirläden ausgeht, die diese Vögel in Plüsch, in Holz, in Kunststoff, auf Postkarten und Magneten anbieten. Im Atelier selbst wurde unser Verkaufsgespräch und der Erwerb des Bildes lückenlos sowohl von einem Kameramann als auch einer Kamerafrau festgehalten - man hatte uns aber vorher gefragt. In einem netten Gespräch mit der Galeristin erfuhren wir, dass sie gerade eine Videodokumentation über die Galerie anfertigen lässt.
Immer noch auf dem Weg zur Kirche, mit dem erworbenen Glasbild im Rucksack, überkam uns ein leichtes Hungergefühl. Eine Open_Air-Fritten-Station kam uns da gerade recht. Dass die kleine Tüte Pommes knapp 6 Euro kostete, bemerkten wir erst, als wir bezahlen mussten. Dafür waren die Kartoffeln nicht geschält - andere Länder, andere Sitten, andere Preise. in touristischen Gegenden hat man halt nur zwei Möglichkeiten: Zahlen oder Hungern. Die Pizza Salami für 20 Euro beim Italiener neben an war da auch keine echte Alternative.
Wir erreichten schließlich die Kirche, deren Innenraum durch seine elegante Schlichtheit besticht. Kein Schnickschnack, kein Prunk - und trotzdem oder gerade deswegen sehr schön.
Man hätte auch noch mit dem Aufzug in den Turm fahren können, wo man eine super Aussicht über die ganze Stadt hat, aber vor dem Lift hat sich eine lange Schlange gebildet, sodass wir diesmal die Kirche ohne eine Turmbesteigung wieder verlassen.
Wir bummelten nun Richtung Stadthafen, um dort ein Taxi zu suchen oder mit dem Shuttelbus (für 2 Personen genauso teuer wie ein Taxi) zum Schiff zurückzufahren. Da wir aber bis zum Ablegen noch mehr als drei Stunden Zeit haben, beschlossen wir, zum Schiff zurückzulaufen - und haben den Beschluss dann auch durchgeführt. Nach gut 1 ½ Stunden Fußmarsch am Meer entlang hatten wir dann auch unseren Anlegeplatz wieder erreicht.
Um 10:00 Uhr legten wir ab und in der Nacht wurde uns wieder mal eine Stunde gestohlen, denn wir fuhren weiter in Richtung Osten zu unserem nächsten Ziel, den Føroyar (deutsch: Färöer-Inseln)
Der letzte vollständige Tag auf dem Schiff ist immer ein Tag, den man nicht so richtig genießen kann. Die Aufbruchsstimmung ist überall spürbar. Doris packte ihre Koffer am Vormittag ich die meinigen am Nachmittag. Die Sonne meint es noch einmal gut mit uns und so konnte man nach der Packerei am sommerlichen Nachmittag auf dem Pooldeck noch ein wenig faulenzen. An den Ölplattformen, die immer mal wieder zu sehen waren, konnte man abschätzen, dass die ASTOR sich gerade irgendwo auf der Höhe von Schottland befinden musste.
Am Abend wurde es bereits um halb elf stockdunkel, ein deutliches Zeichen, den Tag langsam ausklingen zu lassen, schließlich sollen morgen bereits um 8:00 Uhr früh die Kabinen vollständig geräumt sein. Das heißt: Aufstehen 6:30 Uhr!